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Gastbeitrag zum Brexit: Eine Entscheidung für die Demokratie

 von David Abulafia. 

Manchmal ist es schwierig die persönlichen Angriffe und wilden Spekulationen über die Zukunft zu ignorieren, die unglücklicherweise die Referendumskampagnen bestimmen.

© AFP Kleine Brexit-Flaggen flattern im Wind.

Diejenigen, die in der Union bleiben wollen, haben immer darauf bestanden, dass die Wirtschaft mit Abstand das wichtigste Thema ist, während die Kampagne zum Verlassen der EU wesentlich mehr Bedeutung auf die politische Dimension gelegt hat – besonders mit dem Argument, dass Großbritannien wieder die Kontrolle über seine eigenen Angelegenheiten übernehmen muss.

Die Meinungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen gehen weit auseinander. Aber es ist sicherlich besser, das Raten zu beenden, da wir keine Ahnung haben, was für Handelsabkommen Britannien mit anderen Ländern und der EU abschließen kann. Es wesentlich sinnvoller, auf solide Beweise zu schauen, besonders, wenn man ernsthaft an Geschichte interessiert ist.

Es ist schwierig, aus der jüngeren Geschichte Zuversicht für einen Verbleib in der Union abzuleiten. Der Anteil der EU am Welthandel sinkt. Die meisten Volkswirtschaften der Union, besonders die im Mittelmeerraum, sind in der Krise, der Euro war eine Desaster für die Menschen in Griechenland, Italien, Portugal und Spanien, nicht zuletzt für die Millionen jungen Menschen, die keine Aussicht auf einen Arbeitsplatz haben. Die italienischen Banken stehen am Abgrund. Griechenland hat einen Bailout benötigt und ist auf weitere Hilfe angewiesen. Die Schengen-Regelungen funktionieren nicht mehr. Selbst ohne Mitglied der Eurozone und des Schengen-Raums zu sein, ist Großbritannien an Volkswirtschaften gefesselt, die nicht mehr arbeiten – im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Grund für all diese Schwierigkeiten ist der doktrinäre Ansatz jener, die arrogant das „Europäische Projekt“ über die Köpfe der Bürger der Mitgliedsländer hinweg verfolgen.

Von Anfang an haben die Gründerväter dieses „Europäischen Projekts“ wie Schumann und Monet darauf bestanden, die politische Vereinigung immer weiter voranzutreiben, ohne – wie sie selbst sagten – dass ihre Völker verstünden, was passiert“. Das erinnert eher an die Sprache der Sowjetunion denn an eine echte Demokratie. Aber die Gründerväter Europas haben keine Demokratie geschaffen.

Die gesamte Gesetzgebung kommt von einer ungewählten Gruppe von Kommissaren und in der gesamten Union wird es Recht. Zugegeben, sie wird von einem Ministerrat überprüft, aber der tagt hinter geschlossenen Türen. Das Europaparlament kann keine Gesetzesinitiative ergreifen. Das ist nicht die Art und Weise wie die Dinge in Westminister gehandhabt werden.

Die parlamentarische Regierung im Vereinten Königreich war nicht immer echt demokratisch, was aber schon lange existiert, ist das Prinzip der Verantwortlichkeit. Regierungen kommen nach Wahlen ins Amt und sie können durch Wahlen wieder aus dem Amt vertrieben werden. Der Europäischen Union mangelt es an Verantwortlichkeit, besonders im finanziellen Bereich, da die Haushalte der EU nicht immer genehmigt wurden und Geld verschwendet oder gar abgeschöpft wird. Reformversuche, meist nur halbherzig verfolgt, haben nie zu irgendeinem Ziel geführt. Der Europäische Gerichtshof kann seinen Willen allen Ländern aufzwingen, selbst, wenn die Regierungen einwenden, dass dies nicht im nationalen Interesse ist. Die nationalen Regierungen wurden kastriert.

Eine Stimme, die EU zu verlassen, ist eine Stimme für die Demokratie.

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David Abulafia lehrt mittelalterliche Geschichte an der Universität von Cambridge. Abulafia ist außerdem der Vorsitzende der Organisation „Historians for Britain“, die sich für den Brexit einsetzt.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.06.2016