Präsident Erdogan kann sich die Wiedereinführung der Todesstrafe vorstellen. Darüber soll jedoch das türkische Parlament entscheiden. Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei wäre damit unmöglich.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist trotz aller Mahnungen aus Europa bereit, die Todesstrafe wieder einzuführen. Voraussetzung sei ein verfassungsändernder Beschluss des Parlamentes, sagte Erdogan in seinem ersten Interview nach dem gescheiterten Militärputsch am Montag dem Fernsehsender CNN. „Wenn sie bereit sind, das zu diskutieren, dann werde ich als Präsident jede Entscheidung des Parlamentes billigen.“
Erdogan hatte am Sonntag angekündigt, mit der Opposition über eine Wiedereinführung der 2004 abgeschafften Todesstrafe beraten zu wollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte daraufhin am Montag deutlich gemacht, dass bei einer Rückkehr zur Todesstrafe für die Türkei kein Platz in der Europäischen Union wäre. In einem Telefonat mit Erdogan bekräftigte Merkel ihre Ablehnung der Todesstrafe. Eine Wiedereinführung sei „mit dem Ziel einer EU-Mitgliedschaft in keiner Weise vereinbar.“ Auch die Festnahmewelle in der Türkei gebe „Anlass zur Sorge“, sagte Merkel am Montag nach Angaben einer Regierungssprecherin in Berlin.
© AP Mit der Todesstrafe gibt es keine EU-Mitgliedschaft: EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini
Ebenso hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärt: „Kein Land kann Mitgliedstaat der EU werden, wenn es die Todesstrafe einführt.“ Dem Sender CNN sagte Erdogan auch, er werde die Vereinigten Staaten in den kommenden Tagen offiziell um die Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen ersuchen. Gülen lebt seit 1999 im amerikanischen Exil. Der Kleriker, der sich mit Erdogan überworfen hat, bestreitet die Vorwürfe des Präsidenten, in den Putschversuch verwickelt zu sein.
Europäische Union: „Weitere Gewalt vermeiden“
Mit Blick auf die türkischen Behörden haben die EU-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung eindringlich zur Zurückhaltung aufgerufen. „Es muss alles dafür getan werden, weitere Gewalt zu vermeiden“, heißt es in einem am Montag von den Außenministern in Brüssel verabschiedeten Text. Es gehe nach dem Putschversuch darum, neue Opfer zu vermeiden und wieder Ruhe herzustellen.
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Das Vorgehen von Polizei und Sicherheitskräften gegen mutmaßliche Unterstützer des Putschversuches fordere der EU-Staaten zufolge die Achtung von Menschenrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen. Jeder Verdächtige müsse das Recht auf ein faires Verfahren bekommen, heißt es in der Erklärung weiter.
Konkrete Sanktionen für den Fall, dass die Türkei gegen die Grundsätze verstößt, werden in der Erklärung jedoch nicht angedroht. Die 28 EU-Staaten weisen lediglich darauf hin, dass sie zur Zusammenarbeit mit einer demokratischen und stabilen Türkei stehen.
Quelle: marf./dpa/AFP